Webartikel vom 13.09.2023, Sozialhilfestatistik 2022

Weniger Sozialhilfefälle

2022 waren 7'582 Personen bzw. 4'626 Unterstützungseinheiten (Fälle oder Dossiers) auf wirtschaftliche Sozialhilfe angewiesen. Ein Fall umfasste im Schnitt 1,6 Personen. Im Vergleich zu 2021 ist die Zahl der unterstützten Personen weiter rückläufig. Bei gleichbleibenden Abschlusszahlen sind deutlich weniger neue Fälle dazugekommen. Die gute Lage auf dem Arbeitsmarkt begünstigt die Entwicklung.

Die Sozialhilfequote, d.h. der Anteil der Sozialhilfebeziehenden an der Wohnbevölkerung ist 2022 auf 2,6% gesunken. 2019 lag die Quote noch bei 3,0%. Erfreulicherweise lag die Zahl der Eintritte in die Sozialhilfe mit 1'304 neuen Fällen und 2'026 Personen nochmals um 90 Fälle bzw. 221 Personen tiefer als im Vorjahr. Im Vergleich zu 2019, dem Jahr mit der bisher höchsten Zahl an unterstützten Personen, sank die Zahl der Sozialhilfeempfänger/innen um 1'126 Personen.

Die weiterhin gute Lage auf dem Arbeitsmarkt begünstigt die positive Entwicklung im Bereich der Sozialhilfe. Sie führt aktuell zu weniger Eintritten und vereinfacht die Austritte aus der Sozialhilfe. 2022 konnten die Dossiers von über 37% der abgeschlossenen Fälle aufgrund einer Verbesserung der Erwerbssituation geschlossen werden.

Erfreuliche Entwicklung besonders bei jüngeren Sozialhilfebeziehenden

Kinder und Jugendliche sind als Teil von vulnerablen Gruppen besonders stark von Sozialhilfe betroffen. Sie machen 32% aller Personen in der Sozialhilfe aus. 2019 lag die Sozialhilfequote der 0- bis 17-Jährigen bei 5,5%. Erfreulicherweise kam es in den letzten drei Jahren zu einem Rückgang auf 4,7% per 2022. Auch in den meisten weiteren Altersklassen sanken die Quoten. Die Ausnahme bilden die 18- bis 24-Jährigen. Sie scheinen weniger stark von den guten Arbeitsmarktbedingungen profitieren zu können.

Auffallend sind zudem die Gewichtsverschiebungen zwischen den Altersklassen Zahlenfenster-Grafik. 2005 waren 5,2% der Sozialhilfebezüger/innen zwischen 55 und 64 Jahre alt, 2022 machte die Altersklasse 12,1% der Empfänger/innen von Sozialhilfe aus. Keine andere Altersgruppe verzeichnete eine so deutliche Anteilszunahme am Total aller unterstützten Personen.

Anteil der Sozialhilfebeziehenden mit Erwerbstätigkeit steigt

Von den 15- bis 64-jährigen Personen, die 2022 Sozialhilfe bezogen, waren über 32% erwerbstätig. Damit steigt dieser Anteil weiter an (2011: 22%). Die meisten davon gehen einer regelmässigen Anstellung nach, gefolgt von Personen, die eine Arbeit auf Abruf haben. Weitere 23% der Sozialhilfeempfänger/innen waren 2022 erwerbslos, das sind so wenige wie noch nie seit 2011. Diese Personen sind auf Stellensuche, in einem Arbeitsintegrationsprogramm oder einem Beschäftigungsprogramm für Ausgesteuerte. Bei 40% der Sozialhilfebeziehenden im Alter von 15 bis 64 Jahren handelt es sich um Nichterwerbspersonen. Sie sind in Ausbildung, kümmern sich um den Haushalt oder können aus gesundheitlichen oder anderen Gründen keiner Arbeit nachgehen.

Rückgang der Empfängerzahlen sowohl bei Schweizerinnen/Schweizern als auch bei Ausländerinnen/Ausländern

Im Jahr 2022 waren 1,5% der Schweizer Wohnbevölkerung auf Sozialhilfe angewiesen und 6,2% der ausländischen Wohnbevölkerung. In beiden Gruppen sind die Quoten nochmals zurückgegangen. Das Gewicht verschiebt sich aber weiterhin in Richtung mehr ausländischer Beziehender, deren Anteil 2022 56% aller Empfänger/innen betrug.

Innerhalb der ausländischen Wohnbevölkerung sind Personen aus EU-Staaten mit einer Sozialhilfequote von 2,2% unterdurchschnittlich und deutlich weniger stark betroffen als Personen aus europäischen Nicht-EU-Staaten (5,7%) oder Personen aus der übrigen Welt (19,5%).

Mehrheitlich Einpersonenfälle

Bei der Mehrheit der Sozialhilfefälle handelt es sich um Einpersonenfälle (68%). Bei diesen Fällen wird eine einzelne Person unterstützt, unabhängig davon, ob sie alleine lebt oder nicht. Die zweitgrösste Fallgruppe sind Alleinerziehende mit ihren Kindern. Sie machen 20% der Sozialhilfefälle aus und umfassen zusammen mit den Kindern 32% aller unterstützten Personen. Bei weiteren 8% der Fälle handelt es sich um Paare mit Kindern.

Im Vergleich zu früheren Jahren werden tendenziell mehr Einzelpersonen unterstützt. Ihr Anteil an allen Fällen stieg von 60% im Jahr 2005 auf 68% im Jahr 2022. Die Anteile der Dossiers von Paaren mit Kindern und Alleinerziehenden wurden hingegen kleiner. Eine Unterstützungseinheit umfasste 2022 im Durchschnitt 1,6 Personen. Über die Jahre betrachtet war die Fallgrösse tendenziell rückläufig. 2005 lag sie noch bei 1,8 Personen pro Fall.

Sozialhilfequote in 54 Gemeinden unter 2,0%

In 54 der insgesamt 86 Baselbieter Gemeinden betrug die Sozialhilfequote 2022 weniger als 2,0%. Weitere 13 Gemeinden weisen im Vergleich zum Total aller Baselbieter Gemeinden ebenfalls eine unterdurchschnittliche oder nahe dem Durchschnitt liegende Quote auf (siehe Kategorie 2,0% bis 2,9%). In den restlichen Gemeinden lag die Sozialhilfequote zwischen 3,0% und 3,9% (11 Gemeinden) oder bei über 4,0% (8 Gemeinden). Die höchste Quote hat mit 4,8% die Gemeinde Grellingen (91 unterstütze Personen). Waldenburg mit der noch höchsten Quote im Jahr 2021 (60 unterstützte Personen) weist für 2022 weniger als 50 unterstützte Personen aus.

9 Mio. Franken weniger Nettoaufwand als 2021

Mit den tieferen Fallzahlen sinkt auch der Nettoaufwand. Der Rückgang gegenüber 2021 ist deutlich. 2022 belief sich der Nettoaufwand der Gemeinden für Sozialhilfe auf 66,3 Mio. Franken, 2021 waren es 75,3 Mio. Franken. Im Vergleich zu 2021 ist der Nettoaufwand um 9 Mio. Franken gesunken, was einem Minus von 12% entspricht. Damit ist der Rückgang des Nettoaufwands höher ausgefallen als der Rückgang der unterstützten Personen (–5,7%). Der Nettoaufwand pro Einwohner/in sank von 257 Franken im Jahr 2021 auf 224 Franken im Jahr 2022. Der Nettoaufwand umfasst die Unterstützungsleistungen abzüglich der Rückerstattungen, welche zeitlich verzögert abgerechnet werden und nicht direkt im Jahr der Auszahlung in die Gemeinderechnung einfliessen.

Auf Gemeindeebene gibt es grosse Unterschiede. Die Gemeinde Liestal weist mit 438 Franken pro Einwohner/in die höchste Pro-Kopf-Belastung auf, gefolgt von Laufen und Grellingen mit Beträgen von 424 und 404 Franken pro Einwohner/in. Einzelne Gemeinden haben gar keine finanzielle Belastung durch die Sozialhilfe. 2022 registrierten 8 Gemeinden keine Sozialhilfefälle.

Tabelle: Kennzahlen der Sozialhilfe nach absteigendem Nettoaufwand pro Einwohner/in 2022

Definition Nettoaufwand: Als Nettoaufwand gelten diejenigen Kosten (Aufwand), welche den Sozialhilfebeziehenden «direkt» zugutekommen abzüglich den erhaltenen Rückerstattungen (Ertrag). Darin enthalten sind auch Eingliederungsmassnahmen. Hingegen ist der Verwaltungsaufwand (Sozialdienst und Sozialhilfebehörde) nicht in der Auswertung enthalten. Die Kosten des vom Bund finanzierten Asylwesens sind nicht enthalten. Es werden somit die Kosten derjenigen Personen betrachtet, welche in der Sozialhilfeempfängerstatistik (SHS) des Bundesamts für Statistik geführt werden.

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Methodische Hinweise zur Sozialhilfestatistik:

Sozialhilfe: Die vorliegenden Auswertungen basieren auf der Sozialhilfe gemäss kantonalem Sozialhilfegesetz (Sozialhilfe im engeren Sinn). Weitere bedarfsabhängige Geldleistungen wie Krankenkassenverbilligung, Ergänzungsleistungen zu AHV/IV, Alimentenbevorschussung oder Wohnbeihilfen sind nicht berücksichtigt.
Grundgesamtheit: Die Sozialhilfeempfängerstatistik des Bundes umfasst Dossiers von Schweizerinnen/Schweizern, Niedergelassenen (C), Jahresaufenthalterinnen/Jahresaufenthaltern (B), Kurzaufenthalterinnen/Kurzaufenthaltern (L), Flüchtlingen mit Asyl (B5+), Personen mit anderen Bewilligungen und seit 2009 auch Dossiers von vorläufig Aufgenommenen, die mehr als sieben Jahre in der Schweiz leben (VA7+) sowie von vorläufig aufgenommenen Flüchtlingen mit einer Aufenthaltsdauer von mehr als sieben Jahren in der Schweiz (F7+). Vorläufig aufgenommene Flüchtlinge mit einer Aufenthaltsdauer von weniger als sieben Jahren (F7-) in der Schweiz sowie Flüchtlinge mit Aufenthaltsstatus B mit weniger als 5 Jahren (B5-) werden im Rahmen der Sozialhilfestatistik im Flüchtlingsbereich erfasst. Massgebend ist der Aufenthaltsstatus der antragstellenden Person. Weitere Personen der Unterstützungseinheit werden auch bei anderem Aufenthaltsstatus als unterstütze Personen mitgezählt.
Sozialhilfefall: Die publizierten Zahlen beziehen sich auf Sozialhilfefälle, welche mindestens einmal im relevanten Jahr Sozialhilfeleistungen bezogen haben. Ein Fall kann mehrere unterstützte Personen umfassen.
Sozialhilfequote: Die Sozialhilfequote entspricht dem Anteil der Sozialhilfebeziehenden an der Wohnbevölkerung. Als Referenzbevölkerung für die Berechnung dient der Vorjahresendbestand der ständigen Wohnbevölkerung gemäss STATPOP (Bundesamt für Statistik; bis 2010 der Vorjahresendbestand der Wohnbevölkerung gemäss kantonaler Bevölkerungsstatistik).
Doppelzählungen: Eine Unterstützungseinheit kann pro Jahr in mehreren Fällen unterstützt werden. Zum Beispiel, wenn ein Wohnortswechsel erfolgt. Bei den Sozialhilfefällen und den unterstützten Personen werden im Bezirks- und Kantonstotal Doppelzählungen ausgeklammert, jedoch nicht bei den neuen/abgeschlossenen Fällen und den neu eingetretenen/ausgetretenen Personen.
Abschlüsse: Sozialhilfefälle werden abgeschlossen, wenn seit mehr als sechs Monaten keine Auszahlung mehr erfolgt ist. Es werden auch Abschlüsse von Fällen zum aktuellen Jahr gezählt, welche im Vorjahr eine letzte Auszahlung erhalten haben und im laufenden Jahr abgeschlossen wurden. Falls nach einem Unterbruch von mehr als sechs Monaten erneut ein Antrag auf Sozialhilfe gestellt wird, wird ein neuer Fall eröffnet.

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Tamara Bobst
Demografie, Soziales
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