Vertragliche Stellvertretung im Veranlagungsverfahren
Kurzmitteilung Nr. 192, 13. Januar 1993
(Weisung)
An die Einschätzungsbeamten der Gemeinden und der kantonalen Steuerverwaltung
1. Begriff
Unter vertraglicher Stellvertretung versteht man, dass der nach Art. 32 OR rechtsgeschäftlich bestellte (gewillkürte) Vertreter an Stelle und mit Wirkung für die von ihm vertretene Person handelt. Vertraglicher Vertreter kann jede handlungsfähige natürliche Person, aber auch eine juristische Person (z.B. ein Treuhandbüro) sein. Vertretung durch einen praktizierenden Anwalt oder eine für die Steuervertretung besonders ausgewiesene Person ist weder im Veranlagungs- noch im Einspracheverfahren notwendig. Voraussetzung ist aber, dass eine rechtsgültige, ausdrücklich oder stillschweigend erteilte Vollmacht vorliegt und diese der Steuerbehörde zur Kenntnis gebracht wird. Das Vertretungsverhältnis muss also für die Behörde erkennbar sein. Auch die Beendigung des Vertretungsverhältnisses ist der Steuerbehörde mitzuteilen. Verfahrensrechtlich wirksam wird die Beendigung erst im Zeitpunkt der Kenntnisnahme durch die Steuerbehörde.
2. Anforderungen an die Vollmachtserteilung
Im Veranlagungs- und dazugehörigen Einspracheverfahren werden die Anforderungen an die Vollmachtserteilung nicht so streng gehandhabt, wie im anschliessenden Rekurs- bzw. Beschwerdeverfahren vor den Gerichtsbehörden. Im Veranlagungs- und Einspracheverfahren genügt es, wenn das Vertretungsverhältnis auf irgendeine Weise für die Steuerverwaltung ersichtlich wird; eine formelle (schriftliche) Vollmacht ist somit nicht unbedingt erforderlich.
Für das Veranlagungsverfahren genügt es, damit auf ein Vertretungsverhältnis geschlossen werden darf, wenn der Steuerpflichtige in seiner Steuererklärung ausdrücklich eine bestimmte Person als seinen Vertreter angibt oder der Steuerpflichtige bereits in einer früheren Veranlagungsperiode einen generalbevollmächtigten Vertreter bestimmt hat (ersichtlich wird dies durch die Zustelladressierung «per Adresse ...»).
Für das Einspracheverfahren genügt es, damit auf ein Vertretungsverhältnis geschlossen werden darf, wenn eine Drittperson (Anwalt, Treuhänder etc.) im Namen und Auftrag des Steuerpflichtigen eine Einsprache für diesen einreicht.
3. Rechtsfolgen
Bis zum ausdrücklichen Widerruf der Vollmachtserteilung haben sämtliche Anfragen und Mitteilungen an den Vertreter - und nicht an den Steuerpflichtigen - zu erfolgen. Desgleichen sind alle Einsprache-Entscheide dem Vertreter und nicht dem Vertretenen zu eröffnen. Erfolgt die Zustellung eines Einsprache-Entscheides an den Steuerpflichtigen statt an dessen Vertreter, so ist die Eröffnung des Entscheides mangelhaft und dem Steuerpflichtigen darf daraus kein Nachteil erwachsen, d.h. seine Rekurs- bzw. Beschwerdemöglichkeit darf dadurch nicht beschränkt werden.
4. Sonderfall: Spezielle Vollmachtserteilung
Ein Steuerpflichtiger kann sich auch nur für eine oder mehrere bestimmte Handlungen durch einen Anwalt bzw. Treuhänder vertreten lassen. So kann er beispielsweise seine Steuererklärung von einem Anwalt bzw. Treuhänder ausfüllen lassen und diesen ermächtigen, ihn im Einschätzungsverfahren, d.h. bei allfälligen Anfragen durch die Steuerverwaltung, zu vertreten. Für die Steuerverwaltung erkennbar wird eine solche spezielle Vollmachtserteilung dadurch, dass die Steuererklärung durch den Anwalt bzw. Treuhänder eingereicht wird und gleichzeitig auf dem Steuererklärungsformular ein Hinweis zu finden ist, wonach bei allfälligen Rückfragen von Seiten der Steuerverwaltung der Vertreter zu kontaktieren sei. In einem solchen Falle sind sämtliche Rückfragen im Zusammenhang mit der Veranlagung des Steuerpflichtigen ausschliesslich an den Vertreter zu richten, die Steuerrechnung jedoch ist weiterhin dem Steuerpflichtigen selber zuzustellen.
Der Steuerverwalter: Salzgeber
Liestal, 13. Januar 1993
Back to Top