Protokoll der Landratssitzung vom 13. Februar 2014
|
18
2013-357 vom 15. Oktober 2013 [1. Lesung am 13. Februar; 2. Lesung am 20. Februar] Vorlage: Gesetz über Stand- und Durchgangsplätze für Fahrende; Ergänzung Kantonaler Richtplan Basel-Landschaft (KRIP): Objektblatt S1.5 Stand- und Durchgangsplätze für Fahrende - Bericht der Bau- und Planungskommission vom 13. Januar 2014 - Beschluss des Landrats vom 13. Februar 2014: < 1. Lesung beendet > |
Kommissionspräsident Franz Meyer (CVP) fasst einleitend den Bericht der BPK zusammen und weist auf die Änderungsanträge der Kommission hin, wie sie im Bericht festgehalten sind.
Hinsichtlich Streichung von § 3 Abs. 3 vertritt die BPK die Ansicht, dass eine Gemeinde gemäss dem Perimeterreglement jedem Vorteilsgrundeigentümer Vorteilsbeiträge in Rechnung stellen können soll, wenn erstere Erschliessungen machen muss. Es wäre unfair, eine Gemeinde, die sich für solche Standplätze zur Verfügung stellt, noch finanziell zu belasten.
Die beantragte Änderung in § 4 ergibt sich aus dem neuen Polizeigesetz: Die ursprüngliche Version in dieser Vorlage würde dem Polizeigesetz widersprechen.
Sandra Sollberger (SVP) erinnert entsprechend der Vorlage nochmals daran, dass damit die rechtlichen Grundlagen ergänzt werden, die im Kantonalen Richtplan (KRIP) bisher noch gefehlt haben. Ihre Fraktion hat sich ernsthaft gefragt, ob es diese tatsächlich braucht. Aber die Frage muss rechtlich geklärt werden. Die SVP ist mit der Vorlage als guter Lösung vor allem deshalb einverstanden, weil der Kanton den Gemeinden solche Plätze nicht aufzwingen können soll.
Nach Kathrin Schweizer (SP) stimmt auch ihre Fraktion der Gesetzesänderung gemäss Kommissionsantrag zu und will das neue Objektblatt für den KRIP genehmigen. Gemäss Verfassung muss der Kanton Fahrenden bei ihrer Suche nach Standplätzen helfen. Dieses Recht muss ihnen also gewährt werden, so dass Kanton und Gemeinden entsprechend in der Pflicht stehen, diesem Anspruch nachzukommen. Der Bericht über Fahrende und Raumplanung von 2010 stellt fest, dass in Baselland bzgl. Durchgangs- und Standplätzen noch Nachholbedarf besteht, sowohl hinsichtlich Quantität als auch Qualität.
Mit dem vorliegenden Gesetz werden die Rahmenbedingungen geschaffen, damit Kanton und Gemeinden zusammen solche Standplätze einrichten können. Das Gesetz ist «sehr kooperativ» formuliert, denn eine einvernehmliche Definition der Plätze wird verlangt. Nur besteht gemäss Verfassung diese Pflicht, so dass Nachbesserungen nötig sein könnten, falls keine Lösungen gefunden werden. Derzeit scheint aber dieses Gesetz der richtige Weg zu sein, weshalb ihre Fraktion selbigem zustimmt.
Andreas Dürr (FDP) hält die Zustimmung seiner Fraktion zum Gesetz in der Version der BPK fest. Der Verfassungsauftrag besteht, allerdings «reisst man sich nicht darum». Die Schwierigkeit wird dann also sein, Standplätze zu finden. Allerdings handelt es sich um Standplätze für Schweizer Fahrende mit Bedarf für ca. 10 Plätze. Das sind also «bescheidene Ausmasse», so dass man nicht Verhältnisse wie z.B. im Elsass zu befürchten sind, wo teilweise rechtsfreie Räume entstanden sind. Mit dieser klaren, gesetzlichen Grundlage für Schweizer Fahrende wird auch die entscheidende Kooperation zwischen Kanton und Gemeinden definiert: Keine Gemeinde wird zu einem Standplatz gezwungen, aber mit Aufklärung und mit dem Willen, den Verfassungsauftrag umzusetzen, werden Lösungen gefunden werden.
Felix Keller (CVP) erkennt von keiner Seite «viel Herzblut» für diese Vorlage. Deshalb wüsste er heute zu gern, ob es überhaupt noch Fahrende gibt, wenn dieses Gesetz einst angewandt werden wird. Aber wie gesagt: Es handelt sich um einen Verfassungsauftrag, so dass es richtig ist, behördenverbindlich die entsprechende Zielsetzung im KRIP zu verankern - seine Fraktion unterstützt darum die Vorlage.
Die Seiten 4 und 5 des entsprechenden Objektblatts sind heute noch leer. Entsprechend spannend und herausfordernd wird es sein zu sehen, wie diese mit Inhalt gefüllt werden sollen, auch wenn diese Aufgabe nicht oberste Priorität hat. Dennoch wird man hoffentlich in einigen Jahren ein paar Plätze im KRIP planerisch festhalten können.
Für das Protokoll:
Michael Engesser, Landeskanzlei
Für die grüne Fraktion, so sagt Julia Gosteli (Grüne), seien Gesetz und Objektblatt im Kantonalen Richtplan (Krip) unbestritten. Diese bilden die Grundlage für die Wertschätzung für Schweizer Jenische - mit dem Ziel, die fehlenden Standplätze zu realisieren. Laut Radgenossenschaft gibt es bis zu 5000 Schweizer Jenische, welche immer noch die fahrende Lebensweise pflegen; zehn bis 15 Familien sind jeweils unterwegs. Sie brauchen den völkerrechtlichen Schutz; und es geht auch um den Schutz dieser Minderheit. Sie möchten legal durch die Schweiz ziehen. Fahren ist die Grundlage ihrer Existenz; dafür benötigen sie ein Netz von Stand- und Durchgangsplätzen.
Die Voten der Vorredner sind mehrheitlich zu unterstützen. In der Kommission kam ein etwas ungutes (Bauch-)Gefühl auf: Was sind denn das für Leute? Sind das Buben, die den Leuten in den Balkon steigen? Deshalb hat Julia Gosteli direkt der Radgenossenschaft angerufen und sicher eine Dreiviertelstunde mit dem Sekretär des Verwaltungsrats, Herrn Pascal Cottier, gesprochen. Das ist eine ausgesprochen sympathische Person. Die Anliegen wurden sehr genau erfragt. Herr Cottier hat - wie dies bereits Andreas Dürr gesagt hat - darauf hingewiesen, dass es mit den Roma, ausländischen Fahrenden, schwierig ist: Diese brauchen bis zu 40 Stellplätze. Das sind Leute, die hier in der Schweiz Geld verdienen und dann wieder ins Elsass oder ins Deutsche zurückgehen - und sich auf den Standpunkt stellen, die Schweizer Fahrenden brauchten Stellplätze, die ihnen, also den ausländischen Fahrenden zustehen. Das, so habe Pascal Cottier versichert, sei nicht als Votum gegen ausländische Fahrende zu verstehen; die Schweizer Fahrenden brauchten aber auch ihre Plätze.
Herr Cottier präsentierte auch gleich eine Lösung, die im Bünderland spielt; das ist wichtig, weil man Gemeinden finden muss, die Stand- und Durchgangsplätze zur Verfügung stellen. In Bonaduz wurde ein Platz für ausländische und ein Platz speziell für Schweizer Fahrende geschaffen.
Direkt angesprochen wurde beim Telefonat auch das Thema Sozialhilfe: Pascal Cottier erklärte, dass es nicht mehr Fälle wie bei andern Gruppen gibt; zudem spielt in der Radgenossenschaft das soziale System eine tragende Rolle. Man hilft sich aus und steht zusammen.
Es gibt eine moralische Verantwortung den Jenischen gegenüber; alle wissen, dass diesem Volk viel Unrecht geschehen ist. Es ist zu hoffen, dass Baselland offen und willkommen heissend ist; mit Herz und Wohlwollen.
Namens der BDP/GLP gibt Marc Bürgi (BDP) Zustimmung zur Gesetzesänderung bekannt. Der Fraktion war es in der Kommissionsberatung wichtig, dass das Gesetz konform ist mit begleitenden Texten wie dem Gemeindegesetz oder mit dem § 4 des Polizeigesetzes. Dem wurde Rechnung getragen.
://: Eintreten ist unbestritten.
- Erste Lesung des Gesetzes über Stand- und Durchgangsplätze für Fahrende
Keine Wortmeldungen
://: Somit ist die erste Lesung abgeschlossen.
Für das Protokoll:
Georg Schmidt, Landeskanzlei
Back to Top